Eins vorweg. Netanjahu und Teile seiner Regierung sind Ultrarechts. Dort will niemand eine Zweistaatenlösung. Aber es gab schon andere Zeiten. Da hätte es eine Lösung geben können. Warum nicht, dazu später mehr.
140 von 193 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen haben Palästina als Staat anerkannt. Das wusste ich zum Beispiel nicht. Darunter fast alle Länder Asiens und Afrikas.
Und jetzt kommen (nach Schweden) noch Norwegen, Spanien und Irland hinzu.
Sind die Messen jetzt gesungen? Wann zieht der Rest in Europa nach? Wie geht Deutschland mit seiner Staatsraison um? Das wird noch sehr spannend.
Aber jetzt zur Kernfrage. Was haben die Staaten denn anerkannt? Und was wollen jetzt Schweden, Norwegen und Spanien anerkennen?
Ist Gaza und die Hamas Palästina? Eine Terrororganisation, die Israel auslöschen will und einen Scharia-Staat im Sinn des Irans oder Afghanistans aufbauen will?
Ist das Westjordanland und die PLO/Fata Palästina? Zumindest sind hier die Beziehungen zu Israel besser und die Fata hat Israels Existenzrecht anerkannt und dem Terrorismus abgeschworen.
Aber Fata und die Hamas sind Feinde. Mit Machtergreifung der Hamas begann der Fatah-Hamas-Konflikt und führte zu einer faktischen Teilung der Palästinensischen Autonomiegebiete. Beide Parteien regieren autoritär. Seit 2006 gab es keine Wahlen mehr.
Was ist das Staatsgebiet? Was sind die Repräsentanten? Was sind (demokratisch) legitimierten Institutionen? Wer sind die Bürger des Staates (Staatsvolk)? Sind es die Forderungen aus der ersten Intifada von 1988? Sind es die Ergebnisse der zweiten Intifada von 2000-2005? Oder doch auf Grundlage der Grenzen der UN-Resolution von 1947?
Ist Mahmud Abbas der richtige Ansprechpartner? Ein Präsident, der nie gewählt wurde?
Ist das jetzt alles Symbolpolitik der Europäer? Für wen soll das ein Signal sein? Für die Hamas? Als Belohnung für ihren Terror? An Israel? Als Bestrafung für ihre Selbstverteidigung?
Ich bin auch für eine 2-Staaten-Lösung. Aber mir ist aktuell nicht klar, wer der zweite neben Israel sein wird. Und mir ist nicht klar, wie wir mit den ganzen anderen Konfliktparteien umgehen. Iran? Die Hisbollah im Libanon? Saudi Arabien? Türkei? Amerika? Russland?
Und jetzt zum Punkt, dass die 2-Staaten-Lösung schon viel weiter war. 1993 gab es das Oslo-Friedensabkommen. Hier hat Israel Teile des Westjordanlands an die Palästinenser zurückgegeben. Mit dem Ergebnis der zweiten Intifada nach dem Scheitern von Camp David II. Ehud Barak bot den Palästinensern sogar die Gespräche über einen Teil Jerusalems an.
Und jetzt eine böse Fangfrage. Was wäre passiert, wenn das ganze Geld aus Katar, Iran, Saudi-Arabien, nicht unter die Erde in Form von Tunneln geflossen wäre, sondern über die Erde zum Nutzen der Menschen?
Die zukünftigen Palästinenser müssen sich erst einmal selber von Terror und Unterdrückung befreien, dann kann es an die Lösung der ganzen Fragen gehen.
Die Reaktionen auf den Angriff der Hamas auf Israel und die Reaktion Israels mit einem Einmarsch in den Gazastreifen nimmt mittlerweile abstruse Züge an.
Den Chefankläger des IStGH kann ich fast noch verstehen, auch wenn die Art der Kommunikation schwierig ist. Der IStGH ist ein wertvolles gut. Ich sehe hier auch kein bestreben, hier politisch einzuwirken.
Problematisch finde ich die Reaktion von Norwegen, Irland und Spanien jetzt Palästina als Staat anzuerkennen. Das ist das vollkommen falsche Signal. Das ist eine Belohnung für die Hamas. Es zeigt, dass terroristische Angriffe eine schnelle und effektive Lösung sind. Und wir sollten niemals vergessen, dass die Hamas die Auslöschung Israels als schriftlich fixiertes Ziel hat und auch danach handelt.
Das Recht und die Notwendigkeit auf Selbstverteidigung steckt ganz tief in der DNA des Staates Israels. Wer mit Staatsgründung von allen Nachbarländern angegriffen wird und danach nie wirklich in Frieden leben konnte, reagiert natürlich anders als wir Europäer mit Jahrzehnten Frieden.
Aus Sicht Israels kann ich gut nachvollziehen, dass sie die Terrorstruktur der Hamas nachhaltig beseitigen wollen. Ist das möglich? Ich glaube nicht. Dazu ist das Gedankengut der Hamas auch viel zu tief verankert. Ein signifikanter Teil der palästinensischen Bevölkerung unterstützt radikale Ansichten. Erinnert ihr Euch noch an den Jubel, als die Hamas Kinder, Frauen und Männer nach dem Angriff durch die Straßen in Gaza-Streifen gezerrt hat?
Hier sehe ich aber auch meinen größten Kritikpunkt an Israel. Wie geht es nach der militärischen Intervention weiter? Zurückziehen wie 2005, als Israel schonmal versucht hat, den Gaza-Streifen eine eigene Entwicklung zu ermöglichen? Wer soll dort das Machtvakuum füllen?
Israel führt gerade einen Krieg gegen die Hamas, ohne ein Ausstiegszenario zu habe und nimm dabei billigend in Kauf, das 100.000e zu Flüchtlingen werden und / oder bei den militärischen Einsätzen sterben. Und wir sehen seit fast 6 Monaten wie die Hamas ihre eigene Bevölkerung als Schutzschild nutzt. Gleichzeitig ist die Hamas super gut darin, das auszuschlachten (Ihr erinnert Euch an den angeblichen israelischen Luftangriff auf das Al-Ahli-Arab-Krankenhaus? Der später durch Human Rights Watch als Einschlag einer Hamas-Rakete bestätigt wird. Genau, wie die IDF es gesagt hat). Oder die vielen Bunker, Tunnel, Waffenlager in zivilen Gebäuden wie Krankenhäuser, Schulen und Moscheen?
Und Ägypten? Die haben schon am 9.10.2023 die Grenzen geschlossen. Dort hat niemand Interesse, den in Gaza gefangenen Zivilisten die Flucht zu ermöglichen. Überhaupt sind die arabischen Staaten da gerade sehr zurückhaltend.
Und Europa? Hat Jahrzehnte den Terrorismus bezahlt. Über die UNRWA. Über direkte Gelder. Ohne auch nur irgendwie zu prüfen, ob das Geld dort wirklich an der richtigen Stellen ankommt. Der Gaza-Streifen könnte genauso eine blühende Landschaft sein, wie die neuen Bundesländer.